Datum: 27.09.2023

35 Jahre Schuldner- und Insolvenzberatung im Hochtaunuskreis

Wer Mitte der 1980er Jahre überschuldet war, der saß oftmals tief in einer Schuldenfalle, aus der es kaum ein Entrinnen gab. Ein Insolvenzverfahren zur Regulierung der Schulden existierte noch nicht. Die Schuldner sahen sich hohen Vertrags- und Verzugszinsen von bis zu 20 Prozent ausgeliefert, die sie nicht bedienen konnten und so die Schulden immer schneller in immer größere Höhen trieb. Es gab kein Recht auf ein Konto, und die übliche Praxis der Kreditvergabe war die Haftung auf Ehepartner und Kinder durch Bürgschaften auszuweiten. Damit wurden ganze Familien mit in den Schulden-Abgrund gezogen. Ohne Hilfe von außen gab es für viele Betroffene kaum eine Chance, aus der Misere herauszukommen.

1988 richtete daher der Hochtaunuskreis eine Schuldner- und Insolvenzberatung ein. Seitdem sind 35 Jahre vergangenen, in denen sich  die Anforderungen und die rechtlichen Grundlagen einer Schuldnerberatung massiv verändert haben. Doch benötigt wird die Einrichtung immer noch. Das wurde bei der Fachtagung zum Thema „Familienarmut“ deutlich, zu dem die Schuldner- und Insolvenzberatung des Hochtaunuskreises aus Anlass seines
35-jährigen Bestehens eingeladen hatte. Das unterstrich auch Kreisbeigeordnete Katrin Hechler in ihrer Begrüßung. „In Ihrer Arbeit geht es darum, Menschen zu unterstützen, die sich selbst nicht mehr helfen können“, sagte sie. Diesen Menschen werden bei der Schuldner- und Insolvenzberatung Wege aus den Schulden aufgezeigt. Das sei auch deshalb so wichtig, weil vor allem viele junge Menschen und junge Familien überschuldet sind.

Doch bevor die Siegener Professorin Dr. Bettina Ritter, Professorin für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt organisationale Bedingungen sozialer Dienste, zum Thema „Familienarmut“ sprach, nahm Gabriele Obermeier-Migge die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine kleine Zeitreise zu den Anfängen der Schuldnerberatung. Die Juristin begann kurz nach der Beendigung ihrer Ausbildung die Beratungsstelle für den Hochtaunuskreis aufzubauen. Damals war diese noch Teil des Sozialamtes und mitten in Bad Homburg an der Louisenstraße beheimatet. Mittlerweile befindet sich die Beratungsstelle im Kreishaus und ist Teil des Jugendamtes.

Im Hochtaunuskreis ist die Beratung allen Bürgern, die im Kreis wohnhaft sind, kostenlos möglich, egal wie hoch ihre Schulden oder ihr Einkommen sind. Im Rahmen der Prävention steht die Schuldnerberatung als Teil des Netzwerks Frühe Hilfen besonders jungen Familien  offen. Selbst wenn noch keine Schulden bestehen, finden hier junge Familien aus dem Hochtaunuskreis fachkundige Unterstützung, um sich auf neue Lebens- und Finanzsituationen einstellen zu können.

Diesen Punkt griff auch Prof. Bettina Ritter in ihrem Vortrag auf, in dem sie die besonderen Belastungen von Familien betonte. Denn für viele Familien summieren sich verschiedene Problembereiche wie geringes Einkommen, unzureichende Kinderbetreuung und der Wegfall eines Gehalts zu außerordentlichen finanziellen Schwierigkeiten. Dabei sei es gar nicht so einfach, genau festzulegen, was Armut ist, betonte Ritter. Gängiger Maßstab dafür sei ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens. Besonders gefährdet von Armut sind Alleinerziehende oder Eltern mit mehr als zwei Kindern. Trotzdem müsse eine Kindheit mit geringen finanziellen Möglichkeiten nicht automatisch von Mangel geprägt oder gar schlecht sein, unterstrich die Expertin.

Für Kreisbeigeordnete Katrin Hechler ein ganz wichtiger Punkt, der unterstreicht, warum seinerzeit die Insolvenz- und Schuldnerberatung beim Fachbereich Jugend angesiedelt wurde. Hier können Warnzeichen einer Überschuldung vergleichsweise früh wahrgenommen und den Betroffenen Unterstützung angeboten werden. Denn: je eher der Kontakt zu der Beratungsstelle aufgenommen wird, umso eher kann den Betroffenen geholfen werden und es wird verhindert, dass der Schuldenberg immer weiter wächst.

Ein Kontakt zur Schuldner- und Insolvenzberatung ist per E-Mail an schuldnerberatung@hochtaunuskreis.de möglich. Telefonisch ist die Beratungsstelle unter den Rufnummern (06172) 999-5251, -5252 sowie -5253 zu erreichen.



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