Datum: 07.07.2023

Kreis bringt Förderrichtlinie zum Weidetierschutz vor Wolfsübergriffen auf den Weg

Im Zeitraum von Januar bis Mai 2023 hat es im Hochtaunuskreis 15 nachgewiesene Wolfsübergriffe gegeben. Hinzu kommen drei Verdachtsfälle und eine hohe Dunkelziffer. Die Frage, wie mit dem Wolf aktuell und künftig umzugehen ist und wie Weidetiere geschützt werden können, bedarf daher einer schnellen und rechtsverbindlichen Lösung. Der Hochtaunuskreis hat darauf wiederholt beim zuständigen Land Hessen hingewiesen. Allerdings waren die Antworten, die man vom Land bekommen hat, nicht zufriedenstellend. Mitunter wurden Sachfragen gar nicht oder ausweichend beantwortet.

„Ich bin daher dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein sehr dankbar, dass er sich jüngst dahingehend geäußert hat, die Bejagung von Wölfen zu erleichtern“, sagt der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr. „Wir brauchen hier vor Ort klare Vorgaben. Und zwar dergestalt, dass die Belange der Bevölkerung, der Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter und selbstverständlich auch die des Wolfs berücksichtigt werden.“ Die aktuellen Probleme und offenen Fragen könnten nicht einfach ausgesessen werden. So könne es doch nicht sein, dass es in Hessen bislang keine Definition gebe, ab wann ein Wolf als „auffällig“ bezeichnet wird. Der Verweis auf „Einzelfallentscheidungen“ sei hier wenig hilfreich. Ebenso hat der Hochtaunuskreis wiederholt gegenüber dem Land darauf gedrängt, die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter dahingehend zu entlasten, dass nicht sie nachweisen müssen, dass ein Wolf eines oder mehrere ihrer Tiere gerissen habe. „Das aber wurde vom Land abgelehnt. Dies ist eine Entscheidung, die angesichts der Vielzahl der Fälle an der Wirklichkeit vorbeigeht“, so Schorr.

Parallel zu dem Agieren auf politischer Ebene hat der Kreis Maßnahmen ergriffen, um die Bürgerinnen und Bürger für die Thematik „Wolf“ zu sensibilisieren. Das beim Hochtaunuskreis angesiedelte Amt für den ländlichen Raum hat an verschiedenen Info-Veranstaltungen zum Thema teilgenommen und zahlreiche Beratungen zu Fördermöglichkeiten zum Schutz von Weidetieren vor Wolfsübergriffen durchgeführt. Nicht zuletzt informiert der Kreis dazu umfassend auf seiner Homepage über eine gesonderte Seite.

„Wir bemühen uns, im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten und Zuständigkeiten die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter zu unterstützen“, unterstreicht Schorr. Daher habe man nun auch eine „Richtlinie zur Förderung von Schutzmaßnahmen zur Weidetierhaltung im Hochtaunuskreis“ auf den Weg gebracht, der nun im Bau- und Umweltausschuss einstimmig zugestimmt wurde und die final vom Kreistag am 17. Juli verabschiedet werden soll. Diese füllt eine Lücke in der hessischen Förderrichtlinie, wonach nur Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter, die eine Mindestanzahl von Schafen oder Ziegen, Rindern bis zu einem bestimmten Alter, sowie Gehegewild, Hauspferde, Esel, Lamas oder Alpakas halten, entsprechende Förderungen beantragen können. Im Hochtaunuskreis gibt es jedoch eine große Anzahl von Weidetierhalterinnen und Weidetierhaltern, die weniger als zehn Tiere besitzen und somit kein Anrecht auf eine Förderung hätten. Aber natürlich haben auch sie durch die Beweidung ihren Anteil an der Pflege der Kulturlandschaft im Hochtaunuskreis. Auch bei diesen kleinen Herden ist es wichtig, den Wolf nicht an die „einfache“ Beute zu gewöhnen. Daher sollen sie die Möglichkeit erhalten, über den Hochtaunuskreis Fördermittel für Einzäunungen mit Zäunen, Elektronetzen oder Litzen in Kombination mit einer ausreichenden elektrischen Spannung zu bekommen.

Man geht davon aus, dass ein Wolf, der einmal einen spürbaren, ansonsten aber ungefährlichen Stromschlag erhalten hat, solche Zäune und somit auch die darin gehaltenen Tiere meidet. Die Weidezaungeräte müssen daher eine Entladeenergie von mindesten 1 Joule aufweisen, die Mindestspannung an jeder Stelle des Zauns mindestens 2500 Volt betragen.

Die nun verabschiedete Förderrichtlinie ist nicht nur auf die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter beschränkt, die im Hochtaunuskreis leben, sondern schließt die Halterinnen und Halter ein, die ihre Tiere im Hochtaunuskreis weiden lassen. Haben Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter allerdings Anspruch auf hessische Fördermittel, sind sie im Hochtaunuskreis nicht förderberechtigt. Eine Doppelförderung ist somit ausgeschlossen.

„Ich denke, wir haben mit der Fördermittelrichtlinie einen großen Schritt getan, um Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter beim Schutz ihrer Tiere vor Wolfsübergriffen zu entlasten“, sagt Erster Kreisbeigeordneter Schorr. Gleichzeitig werden wir aber auch auf politischer und verwaltungstechnischer Ebene gegenüber dem Land weiter aktiv bleiben und auf verbindliche Rechtsvorgaben pochen“, verspricht er. Nur so könne eine dauerhafte und faire Lösung geschaffen werden, die alle Belange und Interessen berücksichtigt.



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