Datum: 22.09.2023

Sporthallen-Sanierungen: Sicherheit vor Schnelligkeit

Fakt ist: Aktuell sind in Folge eines Starkregen-Ereignisses vier Sporthallen im Hochtaunuskreis gesperrt. Das stellt Schulen, Vereine, Sportlerinnen und Sportler vor erhebliche Probleme. Bei einer Pressekonferenz am heutigen Freitag gab Landrat Ulrich Krebs deshalb einen Sachstandsbericht und gab einen Ausblick. „Ein Landrat verkündet natürlich am liebsten positive, erfreuliche Nachrichten. Damit kann ich leider heute nicht dienen, aber die Öffentlichkeit hat auf zwei Dinge einen Anspruch: Dass wir ganz nüchtern sagen, wie die aktuelle Lage ist - und darlegen, dass die Verwaltung trotz aller Erschwernisse mit allen verfügbaren Kräften alles ihr Mögliche tut, um diese schweren Herausforderungen zu meistern.
Im Juni 2021 kam es an der Doppelsporthalle der Integrierten Gesamtschule Stierstadt zu einem Teileinsturz der Hallendecke. Da sofort der Verdacht im Raum stand, dass bauliche Mängel dafür die Ursache sein könnten, wurden die baugleichen Sporthallen an der Erich-Kästner-Schule (EKS, Oberursel), an der Gesamtschule am Gluckenstein (GaG, Bad Homburg) und am Taunusgymnasium (Königstein), die alle in den 1970er Jahren von derselben Firma errichtet wurden, aus Sicherheitsgründen ebenfalls gesperrt. Während die Sporthalle in Königstein im Frühjahr vergangenen Jahres wieder freigegeben werden konnte, sind die anderen Sporthallen seitdem gesperrt. Ende August mussten dann erneut die Sporthallen des Königsteiner Taunusgymnasiums geschlossen werden.

„Wir sind uns bewusst, dass die Hallensperrungen für Schülerinnen und Schüler aber auch für Vereinssportlerinnen und -sportler eine große Beeinträchtigung darstellen“, versicherte der Landrat. „Und sie können gewiss sein, dass wir alles daransetzen, diese Situation so schnell es geht zu beheben.“ Dass das für manche nicht schnell genug gehe, sei nachvollziehbar. „Mir geht es nicht anders. Gehen Sie bitte davon aus, dass ich über die aktuelle Situation alles andere als glücklich bin. Allerdings geht Sicherheit vor Schnelligkeit – und ich weiß, dass ‚meine‘ Verwaltung alles tut, was getan werden kann“, betonte er. Insgesamt arbeiten nach Angaben von Landrat Krebs 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Fachbereich Hochbau, Gebäudemanagement und Schule an der Lösung sowie 10 externe Dienstleister für die Verwaltung ganz oder zumindest zeitweise an der Hallenproblematik. Insgesamt sind somit rund 30 Architekten, Bauingenieure und Ingenieure der technischen Gebäudeausrüstung, Bausachverständige Der Hochtaunuskreis nimmt seine Betreiberverantwortung für die kreiseigenen Sporthallen sehr ernst. „Deswegen kann jede Bürgerin und jeder Bürger gewiss sein, dass alle freigegebenen kreiseigenen Sporthallen sicher sind und dort keine Gefährdung für Nutzerinnen und Nutzer besteht. Denn auch die nicht gesperrten Hallen sind nämlich alle nochmal unter die Lupe genommen worden.“


So kam es zur Schließung der Königsteiner Halle
Nach dem Schadensereignis in Stierstadt waren die primären Beton-Tragkonstruktionen, also das Haupttragwerk mit seinen Stützen, Unterzügen und Spannbetonbindern, in den vier Hallen überprüft worden. Dabei hatten sich keine Beanstandungen ergeben. „Auch die zuvor nach den gültigen Richtlinien erfolgten Prüfungen hatten dort in der Vergangenheit keinerlei Auffälligkeiten gezeigt“, erklärte Landrat Krebs. Da bei der Inaugenscheinnahme keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, gab es keinen Anlass, die Tragfähigkeit des Beton-Tragewerks in Frage zu stellen, zumal die Schäden in den Hallen an der Holzkonstruktion des Sekundärtragwerks, also des Tragwerks für Dachhaut und Dämmung, festgestellt worden waren. Da bei Sanierungsarbeiten zwischen 2008 und 2010 bereits Verstärkungen am Sekundärtragewerk der Königsteiner Halle vorgenommen worden waren, konnte sie nach einer punktuellen Ertüchtigung im Frühjahr 2022 wieder freigegeben werden.

Nachdem allerdings im Mai und Juni im Zuge der Vorbereitungen für weitere Sanierungsarbeiten die Abhangdecken in Stierstadt, Oberursel und Bad Homburg abgebaut worden waren, entdeckte man zuvor nicht sichtbare unzulässige Bohrungen im Binderflansch der Spannbeton-Dachträger. Das war der Anlass, die Beton-Bauteile in den Hallen erneut einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Hierfür wurden unter anderem die von außen nicht einsehbaren Auflagertaschen der Binder geöffnet. Dabei wurde festgestellt, dass die Binder-Enden in mehreren Punkten nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sind und Schäden in den zuvor nicht einsehbaren Bereichen aufweisen. Das wiederum kann Folgen für die Statik eines Gebäudes haben.

Unmittelbar mit Erkennen der vorliegenden Mängel, wurden auch an den Königsteiner Hallen entsprechende Bauteil-Öffnungen vorgenommen: „Wir können und werden kein Risiko eingehen, wenn es um Leib und Leben geht, daher die Prüfung“, so Landrat Krebs. Hier zeigten sich nach der Öffnung leider prompt ebenfalls Mängel. Nach eingehender Prüfung und aufwendigen Berechnungen kam im August ein Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass auch hier erhebliche Normabweichungen vorliegen. Am 23. August erfolgte daher eine erneute Begutachtung durch Bausachverständige, deren Ergebnis am 31. August vorlag und in die Empfehlung einer Hallenschließung mündete. Dieser Empfehlung kam der Hochtaunuskreis noch am gleichen Tag nach. „Das ist bitter und natürlich hätten wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht“, sagte Landrat Krebs: „Aber für eine andere Vorgehensweise hätte ich die Verantwortung niemals übernommen. Und unsere Baufachleute in der Verwaltung ebenso nicht.“

In dieser extremen Situation hat sich das Taunusgymnasium äußerst kooperativ gezeigt. Die geplante Einschulungsfeier der neuen 5. Klassen wurde spontan ins Haus der Begegnung umgeplant. Auch der Schulsport wird flexibel umgestaltet. So nutzt die Oberstufe auch zur Vorbereitung auf das Abitur die Sporthallen der Altkönigschule. Die Kronberger Schule war sofort bereit, hier die Nachbarschule zu unterstützen.

Außerdem wurden im benachbarten Sportpark Königstein Badmintonfelder angemietet, teilweise wird der Sportunterricht auch in theoretischer Form in den Klassenräumen des Gymnasiums erteilt. Benötigte Bustransporte wurden bereits vom Fachbereich Schule und Betreuung organisiert.
Bei gutem Wetter stehen die Sportaußenanlagen am Königsteiner Gymnasium auch für ein breites sportliches Angebot zur Verfügung.

Noch am gleichen Tag der Hallenschließung hat der Fachbereich Gebäudebewirtschaftung, Immobilienmanagement und Sport damit begonnen, in enger Abstimmung mit den Vereinen, Ersatz für die nun wegfallenden Trainingskapazitäten zu suchen. „Auch hier möchte ich mich bei allen bedanken, die an einer konstruktiven Lösung mitgearbeitet haben, besonders aber bei den Vereinen, die Verständnis für die Schließung gezeigt haben, weil sie wissen, dass es um die Sicherheit der Sportlerinnen und Sportler, v.a. auch vieler Kinder geht. Dass die Begeisterung der Vereine überschaubar ist und die Ungeduld groß, das verstehe ich zu gut“, so Krebs.

Bereits durch zwei angemietete Traglufthallen in Oberursel ermöglicht der Hochtaunuskreis den weiteren Sportbetrieb an EKS und IGS. Auch die Vereine können die Hallen nutzen. „Das hat sich insgesamt inzwischen gut eingespielt. Natürlich ist der Sport in den Traglufthallen nicht ganz so angenehm wie in ‚normalen‘ Sporthallen, aber er ist gut durchführbar. Die Vereine kommen damit zurecht“, so Krebs.


Wie geht es weiter?
Noch am Tag der Hallenschließung wurde das Planungsteam „Sanierung IGS / EKS und GaG“ in die weiteren Planungen eingebunden, um statische und bautechnische Konzepte zur Sanierung zu erarbeiten. „Unser Wunsch ist es, die Königsteiner Halle so schnell wie möglich zu ertüchtigen, so dass sie wieder für den Schul- und Vereinssport geöffnet werden kann“, unterstrich Landrat Krebs. Allerdings laufen derzeit noch Untersuchungen zum Umfang der notwendigen Arbeiten. Darin sind auch Statiker und weitere Bausachverständige eingebunden.

„Wenn wir die notwendigen Informationen haben, müssen und werden wir sehr genau abwägen, ob es sinnvoll ist, die Königsteiner Halle zu ertüchtigen oder ob auch hier eine grundlegende Sanierung unternommen werden sollte“, so Krebs. Ziel müsse sein, dass in Königstein die Halle wieder sicher und zuverlässig der Schule sowie den Sportlerinnen und Sportlern zur Verfügung gestellt werden kann.

Parallel dazu laufen die Arbeiten an den drei anderen Hallendächern weiter. Inzwischen wurde mit dem Teilrückbau nicht mehr benötigter oder zu erneuernder Installationen begonnen. Demnächst sollen die Sportböden, die nicht mehr erhalten werden können, zurückgebaut werden.

Für die technischen Gewerke Heizung, Lüftung und - soweit erforderlich - Sanitär sowie Elektro sind die Sanierungsplanungen vollständig und abschließend geprüft. Auch die Brandschutzkonzepte sind mit den zuständigen Brandschutzdienststellen abgestimmt. Die nun festgestellten Mängel der Binder-Auflagerung machen es allerdings notwendig, dass die Spannbetonträger entfernt und durch neue Stahlträger ersetzt werden. Dadurch entstehen größere Lastreserven für die Dächer, so dass hier im Sinne der Nachhaltigkeit und, wie vom Kreistag angeregt, Photovoltaikanlagen gebaut werden könnten. Die Bauanträge für die Sanierungen der drei Doppelsporthallen sind bei den zuständigen Bauaufsichten der Stadt Bad Homburg und der Stadt Oberursel eingereicht worden. Bis auf die statischen Unterlagen, die sich aufgrund der erforderlichen Trägererneuerung des Haupttragwerkes noch in der umfangreichen Überarbeitung und (Neu-)Aufstellung befinden, sind den Bauanträgen alle relevanten Unterlagen beigefügt.

„Die bittere Wahrheit ist: Trotz dieser Fortschritte wird die Halle an der EKS aufgrund des nun erforderlich gewordenen Binder-Austauschs nun frühestens zum Jahreswechsel 2024/25 fertiggestellt sein“, sagte Krebs. Die Halle an der GaG werde im Frühsommer 2025 und die an der IGS im Herbst 2025 folgen. Wann die Sportstätte in Königstein wieder freigegeben wird, kann derzeit noch nicht verlässlich gesagt werden. „Wenn wir keine weiteren bösen Überraschungen erleben und eine Ertüchtigung der Halle sinnvoll ist, könnte in der Halle allerdings Anfang nächsten Jahres wieder Sport möglich sein“, so der Landrat.

Was eine verlässliche Zeitplanung nach wie vor zusätzlich erschwert, ja zum Teil unmöglich macht, sind die nach wie vor langen Lieferzeiten bei der Materialbeschaffung und die hohe Auslastung der Firmen.

Zur heutigen Zwischenbilanz gehört noch eine sehr nüchterne Erkenntnis dazu: Es ist der Beharrlichkeit als auch der langjährigen Erfahrung der mit der Sanierung der Hallen beauftragten Planern beziehungsweise den unmittelbar mit dem Tragwerk betrauten Statikern und Sachverständigen als auch der Aufmerksamkeit des Fachbereichs Hochbau zu verdanken, dass die nicht auf den ersten Blick erkennbare fehlerhafte Ausführung aus den 1970ern aufgedeckt wurde und dementsprechend sofort gehandelt werden konnte und musste. Landrat Krebs: „Auf Spekulationen, was Schreckliches hätte passieren können, verzichte ich bewusst – jeder kann sich das ausmalen.“

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