Datum: 04.06.2021

Arbeiten an der Kirchenruine Landstein gehen voran

An der Kirchenruine Landstein schreiten die Arbeiten voran und die Vorbereitungen für eine touristische Erschließung laufen. Bevor die Besucher*innen herbeiströmen, stehen aber noch weitere Sanierungsmaßnahmen und letzte archäologische Untersuchungen auf dem Plan. Bei einer dieser Untersuchungen sind der Mittelalterarchäologe Dr. Joachim Zeune und sein Team nun wieder einmal auf Überraschungen gestoßen.

Die um 1480 erbaute Kirche „Unsere liebe Frau vom Landstein“ war im ausgehenden Mittelalter eine bedeutende Pilgerstätte. Ihre Blütezeit währte allerdings nur kurz, denn schon um 1535 befand sich das Bauwerk im Verfall und diente ab dem 17. Jahrhundert als Baustofflieferant für private und kirchliche Bauprojekte in der Umgebung. Vom einstigen Glanz der ehemaligen Wallfahrtskirche war im Jahr 2018, als der Naturpark Taunus unter Leitung von Landrat Ulrich Krebs die marode Ruine erwarb, nicht mehr viel übrig. Auf ihre Bedeutung wies zu diesem Zeitpunkt nur der mächtige Turm des Westwerks mit seinen zwei hohen Seitenkammern hin. Das übrige Gelände war von dichtem Buschwerk, Gras und Bäumen überwuchert. Dicht unter der Oberfläche warteten jedoch noch einige Überraschungen, von denen bis dahin noch niemand etwas ahnte.

Nach dem Erwerb der Ruine wurde der Mittelalterarchäologe und Burgenforscher Dr. Joachim Zeune mit der Erstellung eines Sanierungskonzeptes beauftragt. Im Zuge einer bauhistorischen Bestandsanalyse stellte sich schnell heraus, dass es sich bei einem vermeintlich erhaltenen Chorrest um eine Hangmauer aus dem 19. Jahrhundert handelt. Dieser Befund löste die Suche nach dem eigentlichen Chor aus, der bei archäologischen Untersuchungen auch rasch entdeckt wurde und sich dicht unter der Rasenoberfläche befand. Es folgten weitere Überraschungen. So wurden neben den Resten der Wallfahrtskirche aus dem 15. Jahrhundert noch ältere Fundamente und Mauern sowie ein Altarsockel entdeckt, die Teil einer nicht überlieferten Vorgängerkirche aus der Mitte des 14. Jahrhunderts sind.

Im Inneren des Langhauses der Kirche und in der südlichen Seitenkammer des Westwerks fanden die Forscher in etwa 1,20 Tiefe zudem einen gut erhaltenen Schieferplattenboden. Im Zuge der weiteren Untersuchungen wurde zur Überraschung des Teams ein Mauerteil freigelegt, der sogar noch älter ist als die Vorgängerkirche und zu einem Gebäude gehört, das noch vor der Errichtung der Kirchen am Landstein stand. Diese Befunde erhöhen den kulturhistorischen Wert der archäologischen Stätte und haben die Denkmalschutzbehörde und den Eigentümer – allen voran Land-rat Ulrich Krebs – dazu veranlasst, die freigelegten Mauern sichtbar zu belassen und sie fachgerecht zu sanieren, um die Ruine für Touristen und Geschichtsinteressierte aus der Region zugänglich zu machen. „Der Hochtaunuskreis ist reich an kulturhistorischen Objekten. Mit „Unsere liebe Frau vom Landstein“ schließt sich ein historisch besonders wertvolles Kleinod dieser Reihe an. Umso schöner ist es, dass wir der Kirchenruine nach vielen hundert Jahren des Verfalls wieder neues Leben einhauchen und die Geschichte dieses besonderen Ortes für die Menschen aus der Region und darüber hinaus wieder erlebbar machen können.“, freut sich Landrat Ulrich Krebs.

Um diesem Ziel näher zu kommen, laufen am Landstein die Sanierungsmaßnahmen auf Hochtouren. Die Mauerreste und das Westwerk werden versiegelt und so vor der Witterung und anderen schädlichen Einflüssen geschützt. In der Südkammer des Westwerks wird eine überdachte archäologische Schutzzone entstehen, die der Besucher durch ein Tor einsehen kann. Der hintere Teil der Ruine mit den beiden freigelegten Chören und dem Altarsockel wird zum Schutz der archäologischen Befunde für Besucher gesperrt. Das Langhaus wird begehbar sein und soll als Eventfläche für Veranstaltungen, wie Gottesdienste und Konzerte, genutzt werden. Als Teil der touristischen Erschließung des Areals sollen außerdem Infotafeln und eine Rekonstruktion des Bauwerks installiert werden, die Besucher über die Baugeschichte der ehemaligen Wallfahrtskirche aufklären.

Bevor es so weit ist, stehen aber noch letzte archäologische Untersuchungen an. Eine davon wurde in dieser Woche durchgeführt und hat ein weiteres Mal gezeigt, dass der Landstein immer wieder für Überraschungen gut ist. So ist bei einem Grabungsschnitt der Sockel einer Stützkonstruktion für das Langhaus aus dem 16. Jahrhundert freigelegt worden. Dr. Joachim Zeune und sein Team, das unter anderem aus engagierten ehrenamtlichen Helfern aus der Region besteht, sind schon gespannt, ob der Landstein noch mit weiteren Überraschungen auftrumpfen wird.

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