Vom ungeliebten Unkraut zum Klima-Held am Straßenrand
Meist werden sie übersehen oder gar entfernt, die Pflanzen am Straßenrand, in Mauerritzen oder zwischen Pflastersteinen. Dabei sind sie wahre Überlebenskünstler und äußerst wichtig für das Mikroklima in unseren Dörfern und Städten. Um die Bedeutung der kleinen Helden am Straßenrand zu zeigen, wurde in Frankreich die Aktion „Krautschau“ ins Leben gerufen. Jetzt ist sie auch im Hochtaunuskreis angekommen.
Am 23. Mai bot die Klimaschutzmanagerin des Kreises, Nelly Reckhaus, gemeinsam mit Volker Mohn, einem Vertreter der Volkshochschule (VHS), in Wehrheim Bürgerinnen und Bürger eine Krautschau an. Während eines Spaziergangs werden dabei die Pflanzen bestimmt, die in Fugen und Ritzen am Wegesrand wachsen. Mithilfe von Bestimmungsbüchern und
-apps ist dies für jeden umsetzbar und eine spielerische Weise, die heimische Vegetation kennenzulernen. Nach der Bestimmung werden die Pflanzen mittels bunter Straßenkreide beschriftet, um die Aufmerksamkeit auch nach der Krautschau auf die Überlebenskünstler zu richten und das Wissen so weiterzugeben. Die Gruppe startete am Wehrheimer Bahnhof und bestimmte Meter für Meter Pflanzen, die sich einen schmalen Platz in den Ritzen und Fugen erkämpft hatten. Von Sauerampfer über verschiedene Disteln, Schöllkraut, kahles Bruchkraut bis hin zu kleinen Ebereschen und Holunderbäumen, entdeckten die engagierten Bürgerinnen und Bürger ein breites Sortiment an Pflanzen, die Kleinstlebewesen Nahrung und Schutz bieten und das Mikroklima positiv beeinflussen. Denn das Grün trägt insbesondere an heißen Sommertagen beträchtlich zur Kühlung der sonst versiegelten Flächen bei. Der spanische Stadtplaner Ángel Panero hat den Temperaturunterschied zwischen bewachsenen und versiegelten Pflasterritzen in Santiago de Compostela gemessen und dabei einen beeindruckenden Unterschied von bis zu 28 Grad Celsius festgestellt. Besonders in den heißer werdenden Sommern kann das einen spürbaren Effekt in unseren Städten und Gemeinden haben.
Insgesamt hat die Gruppe auf knapp 500 Metern 53 unterschiedliche Arten gefunden. „Dass so eine große Pflanzenvielfalt auf der Straße zu finden ist, ist sehr beeindruckend. Es erinnert einen daran, aufmerksamer durch die Welt zu gehen und auch die kleinen Helden unserer Umgebung wertzuschätzen“, sagt die Klimaschutzmanagerin des Hochtaunuskreises Nelly Reckhaus. Die Veranstaltung bietet außerdem großes Potenzial zum Nachmachen. Alles, was man benötigt, ist eine Bestimmungsmöglichkeit, Straßenkreide und etwas Zeit.
Übrigens: Auch die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung unterstützt die Aktion und ruft dazu auf, interessierten Bürgerinnen und Bürger kostenlose Krautschauen anzubieten. Der Hochtaunuskreis hat sich in diesem Jahr mit der Volkshochschule (VHS) zusammengetan, um in der Gemeinde Wehrheim genau diese Pflanzen in den Fokus zu rücken. Weitere Informationen und Impressionen können auf der Seite der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung eingesehen werden: https://www.senckenberg.de/de/krautschau/.