Schuldner- und Insolvenzberatung

Die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle des Hochtaunuskreises ist zuständig für Bürgerinnen und Bürger, die ihren Wohnsitz im Hochtaunuskreis haben. Die Beratungsstelle steht Ihnen bis auf Weiteres, vor allem telefonisch und per Email, als Ansprechpartner zur Verfügung.

Schwerpunkt der Beratung ist die Hilfestellung und Existenzsicherung von verschuldeten Bürgerinnen und Bürgern.

Außerdem ist die Beratungsstelle staatlich anerkannte Stelle im Sinne des Insolvenzverfahrens. Sie ist berechtigt, außergerichtliche Vergleichsvorschläge zu unterbreiten, Scheiternsbescheinigungen zu erteilen und Hilfestellung bei den Insolvenzanträgen zu leisten.

Die Beratung umfasst:

  • telefonischer Erstkontakt
  • Existenzsicherungsberatung
  • Haushaltsberatung
  • Beratung über Schuldnerschutz
  • Präventivberatung
  • Schuldenregulierung
  • Nachbetreuung

Beratung und Hilfe für Ver-und Überschuldete

Wenn das Geld nicht mehr reicht

Längerfristige finanzielle Verpflichtungen sind fester Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Solange ausreichend Einkommen zur Verfügung steht, stellen diese meist auch kein Problem dar. Schwierig kann es werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse beispielsweise durch Arbeitslosigkeit oder die Ausgaben wie durch die Geburt eines Kindes ändern. In diesen Fällen wird es meist recht schnell eng. Das Geld reicht nicht mehr über den Monat. Notwendige Anschaffungen können nur noch über Ratenzahlungen realisiert werden. Es beginnt oft das finanzielle „Löcherstopfen“ durch neue Schulden. Die Schuldenspirale beginnt sich immer schneller zu drehen.


Durch die finanziellen Belastungen leiden die eigene Gesundheit und die Familie. Schuldzuweisungen führen nicht selten zum Zerbrechen der Beziehung. Gerade mit Kindern wird die Situation so noch schwieriger.


Zu jedem dieser Zeitpunkte kann der Gang zur Schuldnerberatung sinnvoll sein. Die Beratungsstelle bietet im Rahmen eines Haushaltschecks an, gemeinsam einen Überblick über die derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschaffen, um sich auf anstehende Veränderungen (Geburt eines Kindes, drohende Arbeitslosigkeit, Renteneintritt) vorbereiten zu können und ein Absinken in die Schulden zu vermeiden. Sollte eine Verschuldungssituation bereits eingetreten sein, kann die Beratungsstelle mit Ihnen versuchen, einen individuellen Weg zu entwickeln. Die Beratungsstelle kann Sie bei den Verhandlungen mit Ihren Gläubigern unterstützen oder Ihnen – sofern notwendig – bei der Beantragung eines Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung behilflich sein.

Wie arbeitet die Schuldnerberatungsstelle?
Ist Ihre Existenz gesichert?

Zunächst klären wir mit Ihnen ab, ob dringender Handlungsbedarf vorliegt. Der liegt beispielsweise bei drohender Energiesperre oder Wohnungsverlust, wie auch einem durch Pfändung „gesperrtem“ Konto vor. In diesen Fällen beraten und unterstützen wir Sie vorrangig zur Sicherung Ihrer Existenz und der Personen, die mit Ihnen im Haushalt leben. Die ersten Schritte lassen sich oft bereits am Telefon besprechen, um möglichst rasch zu handeln. Die Terminvergabe erfolgt vorrangig, meist innerhalb weniger Tage mit dem Ziel der Existenzsicherung. Je früher Sie sich melden, umso besser können wir Ihnen helfen!

Wo stehen Sie?

Sofern Ihre Existenz gesichert ist, versuchen wir uns gemeinsam einen Überblick über Ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu verschaffen. Bildlich gesprochen erstellen wir mit Ihnen eine Landkarte Ihrer aktuellen Situation.

Wohin soll es gehen?

Anhand dieser Übersicht über Ihre Ein- und Ausgaben sowie Verpflichtungen und weitere in Ihrem Fall wichtigen Informationen versuchen wir, mit Ihnen ein persönliches Ziel zu arbeiten. Nur wenn Sie wissen, „wohin“ Sie wollen, kann mit Ihnen „Ihr Weg“ dorthin erarbeitet werden.

Auf dem Weg!

Je nachdem welchen Weg Sie für sich wählen, begleiten und unterstützen wir Sie ein Stück dieses Weges. Sollten Sie sich beispielsweise für ein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung entscheiden, können wir Ihnen anbieten, Sie diese sechs Jahre durchs Verfahren im Hintergrund zu begleiten. In anderen Fällen helfen wir Ihnen bei der Unterbreitung von Einmal- oder Ratenvergleichen.

Wer kann die Beratung in Anspruch nehmen?

Alle BürgerInnen des Hochtaunuskreises (ohne Stadt Bad Homburg). Die BürgerInnen der Stadt Bad Homburg werden durch die Stadt-Schuldnerberatung (Telefon Stadt Bad Homburg: 06172 100-5037, 06172 100-5032 oder -06172 100-5041) betreut.

Ist die Beratung kostenfrei?

Ja, die Beratung wird für Sie kostenfrei auf Grund der Sozialgesetze (Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch VIII, Sozialgesetzbuch XII) angeboten.

Wie bekomme ich einen Termin?

Bitte vereinbaren Sie telefonisch einen Termin. Am Telefon können die Berater bereits erste Fragen besprechen und in Notsituationen (Stromsperre, Mietrückstände, Kontopfändung) erste wichtige Hinweise geben.

Haushaltsbudgetberatung (Schwerpunkt Familien)

Der Haushaltscheck
Ein präventives Beratungsangebot insbesondere für (junge) Familien

Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht,
die Blumen des Tages und die Augen der Kinder.
Dante Alighieri (1265-1321), italienischer Dichter


Kinder verändern das Leben. Das meiste, was Kinder uns in unserem Leben bringen, kann nicht mit Geld bezahlt werden. Das Leben verändert sich. Die Veränderung lässt sich mit Worten kaum beschreiben. Trotz allen Glücks spüren junge Eltern dennoch oft die finanziellen Auswirkungen, die mit Kindern meist einhergehen.


Wussten Sie zum Beispiel, dass ein Kind monatlich zwischen 328 Euro und 900 Euro kostet? So geben Eltern bis zur Volljährigkeit durchschnittlich 126.000 Euro je Kind aus. (Quelle: Konsumausgaben von Familien für Kinder, Statistischen Bundesamtes, 2014)
Aus unserer langjährigen Beratungspraxis wissen wir, dass die finanziellen Einbußen und steigenden Kosten, sofern nicht ausreichender Ersparnisse oder Unterstützung in materieller oder immaterieller Art (zum Beispiel: Kinderbetreuung durch Großeltern) bereitstehen, mit Ratenzahlungskäufen, Krediten oder dem Dispokredit aufgefangen werden. Sofern nach einigen Jahren wieder ausreichend Familieneinkommen bereitsteht, ist dies auch kein Problem.

Finanzielle Engpässe führen oft zu Spannungen und Streit zwischen den Eltern und gehen damit auch emotional zu Lasten der Kinder. Gerade Familien mit geringem und mittlerem Einkommen sollten sich frühzeitig mit ihren veränderten finanziellen Möglichkeiten auseinandersetzen, um aktiv und gemeinsam ihre Zukunft zu gestalten.

Gerne können wir uns mit Ihnen Ihre finanzielle Situation im Rahmen eines Haushaltschecks ansehen und mit Ihnen verschiedene Optionen wie Einsparmöglichkeiten oder soziale Unterstützungsmöglichkeiten wie zum Beispiel den Kinderzuschlag oder Wohngeld erörtern.

Die Beratung ist für Sie kostenfrei und kann auf Wunsch auch anonym erfolgen.

Die Terminvereinbarung des Haushaltschecks kann direkt

mit den Beratern der Schuldnerberatungsstelle
Telefon: 06172 999-5796 oder 06172 999-5797 oder 06172 999-5798
oder über die Koordinationsstelle der Frühe Hilfen
Telefon: 06172 999-5781 oder 06172 999-5745 oder 06172 999-5782 erfolgen.

Kontopfändung - Pfändungsschutzkonto

Wenn Ihr Konto gepfändet wurde, besteht ein Schutz nur, wenn dieses Konto in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird. Der Basisschutz beträgt 1.410 Euro (Stand 1.7.2023; Anpassung jeweils zum 1.7. jeden Jahres). Die Umstellung (= ergänzender Vertrag) sollte schnellstmöglich erfolgen, um das auf dem Konto stehende Geld zu sichern. Es laufen hier Fristen: erstmalig 1 Monat (abzüglich bis zu 4 Geschäftstage = max. Bearbeitungszeit der Bank) nach Zugang der Pfändung bzw. jeweils zum Ende des Monats, ebenfalls abzüglich bis zu 4 Geschäftstagen. Ein Konto im Minus ist nach § 850 k Absatz 1 Satz 2 Zivilpozessordnung kein Verweigerungsgrund! Wenn das P-Konto rechtzeitig innerhalb eines Monats eingerichtet ist, darf die Bank pfändungsfreie Betrge weder verrechnen noch an den pfändenden Gläubiger auszahlen! Bitte lassen Sie sich in diesem Fall umgehend beraten.


Wenn Ihre monatlichen Geldeingänge auf dem Konto höher sind als der Basisschutz, kann der Basisschutz (§ 902,903 Zivilprozessordnung) erweitert werden in Form der "P-Konto-Bescheinigung nach § 903 Absatz 1 Zivilprozessordnung über §§ 902 und 904 Zivilprozessordnung", insbesondere für unterhaltspflichtige Personen oder Personen, für die Sie Sozialleistungen (Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII) entgegennehmen oder auch umstehende Leistungen (monatlich beziehungsweise einmalig wie beispielsweise Nachzahlungen unter 500 Euro). Wenn Sie die Bescheinigung vorlegen muss die Bank dies ab dem 2. Geschäftstag beachten! 

Eine Musterbescheinigung der aktuellen P-Konto-Bescheinigung können Sie hier bei „Dokumente und Links“ herunterladen. Die Höhe der Beträge wird jedes Jahr zum 1.7. durch den Gesetzgeber neu bestimmt.


Sollte Ihr monatlicher Geldeingang noch immer über dem möglichen erweiterten Basisschutz dieser Freibeträge liegen, ist gegebenfalls eine weitere individuelle Freigabe (§ 906 Zivilprozessordnung) von unpfändbaren Geldern durch das zuständige Vollstreckungsgericht, beziehungsweise die pfändende Vollstreckungsbehörde möglich.


Bei Abfindungen oder Ähnlichem ist ebenfalls eine individuelle Freigabe (§ Zivilprozessordnung) von unpfändbaren Geldern durch das zuständige Vollstreckungsgericht, beziehungsweise die pfändende Vollstreckungsbehörde möglich (Ausnahmen § 910 Zivilprozessordnung beachten, insbesondere bei Nachzahlungen ist das Vollstreckungsgericht zuständig!). Bitte weisen Sie die zahlende Stelle (Arbeitgeber, Sozialleistungsträger wie Jobcenter, Rentenversicherung, Krankenkasse, Pflegekasse, Familienkasse und andere) auf die bestehende Kontopfändung hin und fordern Sie, Ihnen einen entsprechenden Nachweis der anstehenden Zahlung (Gehaltsbescheinigung, Abfindungsvertrag, Bescheid) mindestens zwei Wochen vor der Zahlung auszuhändigen, damit Sie die gegebenfalls notwendige Freigabe noch vor dem Geldeingang beantragen können. Bitte beachten Sie, dass die Fristen bei der Kontopfändung in der Regel monatsbezogen (vom ersten bis letzten Tag des Monats) laufen. Sollte das Geld bereits auf dem Konto eingegangen sein, gilt folgendes:

Die Bank ist verpflichtet, das Geld mit Ablauf des nächsten Monats an den Gläubiger auszuzahlen.

Sie sollten daher sofort, möglichst aber 7 Arbeitstage vor Ablauf dieser Frist den Antrag stellen, damit das Gericht/Vollstreckungsbehörde noch genügend Zeit hat, die Bank davon zu informieren. Sicherheitshalber sollte zusammen mit dem Antrag die einstweilige Einstellung der Vollstreckung mit beantragt werden.


Bei Nachzahlungen und einmaligen Sozialleistungen sind verschiedene Fälle zu unterscheiden. Folgende Zahlungen können in der Regel über eine entsprechende Bescheinigung nach § 903 Zivilprozessordnung nachgewiesen werden:

  1. Nachzahlungen und einmalige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Jobcenter) oder Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe), dem Asylbewerberleistungsgesetz, Kindergeld und andere Leistungen für Kinder, Stiftung Mutter und Kind werden von der Pfändung nicht erfasst.

    Ebenfalls nicht erfasst werden:

  2. Nachzahlungen bis 500 Euro von allen anderen Sozialleistungsträgern, sowie
  3. Nachzahlungen bis 500 Euro on Arbeitseinkommen nach §850 Absatz 2 und 3.

Bei Nachzahlungen laufender Geldleistungen über 500 Euro entscheidet das Vollstreckungsgericht (nicht eine gegebenfalls beteiligte Vollstreckungsbehörde) auf Antrag.


Unsere Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle stellt keine Bescheinigungen nach § 903 Zivilprozessordnung aus. Bitte wenden Sie sich an einen Arbeitgeber, den leistenden Stellen wie Sozialleistungsträger (zum Beispiel: Sozialgesetzbuch II (Arbeitslosengeld II / Hartz IV), Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe), Rentenversicherung und andere) oder die Familienkasse zur Bescheinigung. Eine Bescheinigungg über 1. die Höhe der Leistung, 2. der Leistungsart und 3. dem Zeitraum sowie den bekannten 4. unterhaltsberechtigten Personen und 5. Geburtstdaten der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen ist nur von geldleistenden Sozialleistungsträgern oder Kindergeldstellen (§ 903 Absatz 3 Zivilprozessordnung) verpflichtend auszustellen.  Über bestehende Unterhaltsverpflichtungen sollte diese Stelle vorab mit entsprechenden Nachweisen in Kenntnis gesetzt werden.

Sollte die Bescheinigung verweigert werden, bitten Sie die Stelle, dies beispielsweise auf der Rückseite der P-Konto-Bescheinigung zu bestätigen. Wenn Sie glaubhaft versichern, dass mehrere Stellen dies verweigern, muss das Vollstreckungsgericht die Bescheinigung ausstellen,§ 905 Zivilprozessordnung. Sicherheitshalber sollte zusammen mit dem Antrag die einstweilige Einstellung der Vollstreckung mit beantragt werden.

Gebührenpflichtig können die Bescheinigungen auch von Steuerberatern, Rechtsanwälten oder Notaren ausgestellt werden. Nach unserer Online-Recherche berechnen Anwälte für diese Leistung meist zwischen 20 und 40 Euro, bei Online-Beantragung und Postversand. Die Gebühren der örtlichen Anwälte sind uns nicht bekannt und sollten vorab erfragt werden, sowie welche Unterlagen vorgelegt werden müssen.

Mietschulden

Die regelmäßige Zahlung von Miete und Energie hat oberste Priorität!

Sie ist wichtiger als Zahlungen an andere Gläubiger wie Inkassobüros oder Banken, denn bei Miet- und Stromschulden drohen Zwangsräumung, Obdachlosigkeit oder Unbewohnbarkeit der Wohnung.

Wenn Sie Mietrückstände haben, setzen Sie sich mit Ihrem Vermieter in Verbindung und erklären Sie ihm die Situation. Vereinbaren Sie mit ihm, wie die Rückstände aufgearbeitet werden können, zum Beispiel durch Unterstützung von Angehörigen oder Freunden, durch ein Arbeitgeberdarlehen, Sonderzahlungen, die Sie erwarten, einen Antrag auf Wohngeld oder mit einer Ratenzahlungsvereinbarung. Ist Ihr Einkommen gering, können Sie die Mietrückstände vorsorglich für die Zukunft vermeiden, indem Sie einen Antrag auf ergänzende Sozialhilfe beim Jobcenter stellen.


1. Ihr Vermieter hat trotzdem fristlos gekündigt. Wann ist das rechtens?

Eine fristlose Kündigung durch den Vermieter ist gemäß § 543 Bürgerliches Gesetzbuch immer dann möglich, wenn

  • zwei Monatsmieten nicht gezahlt wurden (§ 543 Absatz 2 Nummer 3a Bürgerliches Gesetzbuch)
  • in zwei aufeinanderfolgenden Monaten die Miete teilweise nicht bezahlt wurde und der Rückstand eine Monatsmiete und mehr umfasst (§ 543 Absatz 2 Nummer 3a in Verbindung mit § 569 Absatz 3 Nummer 1 Bürgerliches Gesetzbuch)
  • die Miete über mehr als zwei Monate teilweise nicht bezahlt wurde und die Mietrückstände zwei Monatsmieten oder mehr betragen (§ 543 Absatz 2 Nummer 3b Bürgerliches Gesetzbuch)
    Dabei ist die Warmmiete gemeint, Forderungen aus Jahresabrechnungen berechtigen nicht zur Kündigung.
    Die Kündigung muss schriftlich an alle Mietparteien zugehen (außer wenn im Mietvertrag festgelegt ist, dass die Kündigung gegenüber einer Mietpartei genügt), den Grund der Kündigung angeben und Ihnen eine angemessene Frist ( 1-2 Wochen ) zum Auszug geben.
  • Sie haben die Möglichkeit,
      • beim Jobcenter einen Antrag auf Übernahme der Mietschulden auf Darlehensbasis zu stellen, wenn Sie bereits Leistungen vom Jobcenter erhalten, § 22 Absatz 8 Sozialgesetzbuch II oder
      • beim Sozialamt, wenn Sie nicht zum Kreis der Sozialgesetzbuch II-Empfänger gehören, § 26 Absatz 1 Sozialgesetzbuch XII.

Die Kündigung wird dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage (das heißt Zugang der Klage in Ihrem Briefkasten; dieses Datum wird beim Gericht vermerkt.) sein Geld bekommt oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet, § 569, Absatz 3, Nummer 2 Bürgerliches Gesetzbuch.


Ausnahme: Sie haben bereits schon einmal in den letzten 2 Jahren eine Kündigung wegen Mietrückstände durch Zahlung erledigt.

Lehnt das Amt den Antrag ab, können Sie Widerspruch einlegen (auf Frist achten!) und Eilantrag und Klage beim Sozialgericht auf Übernahme stellen. Sie können beim Amtsgericht Ihres Wohnorts einen Antrag auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe stellen und damit einen Fachanwalt für Sozial- oder Mietrecht aufsuchen.
Ihre Chancen sind umso größer, wenn die Wohnkosten angemessen und die Rückstände überschaubar sind.
Hinweis: Sollte Ihr Vermieter auch ordentlich gekündigt haben, sollten Sie sich bei einem in Mietrecht erfahrenen Anwalt beraten lassen (siehe auch Hinweis am Ende).



2. Ihr Vermieter erhebt Räumungsklage
  • Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen sollten Sie spätestens jetzt Antrag auf (darlehensweise) Übernahme der Mietschulden stellen, siehe oben.
  • Sie können vorsorglich beim zuständigen Wohnungsamt einen Wohnberechtigungsschein wegen geringen Einkommens beantragen.
  • Sie sollten Ihre Gemeinde von der eingegangenen Räumungsklage informieren.
  • Melden Sie sich beim Gericht, lassen Sie keine Fristen verstreichen und gehen Sie zur mündlichen Verhandlung. Teilen Sie dem Gericht und Vermieter mit, dass Sie einen Antrag auf Übernahme der Mietschulden gestellt haben.
  • Sie können spätestens in der mündlichen Verhandlung Antrag auf eine Räumungsfrist stellen, § 721 Absatz 1 Zivilprozessordnung, wenn Sie trotz intensiver Suche noch keine Ersatzwohnung gefunden haben; in der Regel beträgt die Frist zwei bis drei Monate.

3. Ein Räumungsurteil liegt bereits vor.
  • Überprüfen Sie, ob in dem Urteil alle Mitbesitzer der Wohnung, also Personen, die sich nicht nur vorübergehend in der Wohnung aufhalten, genannt sind.
    Wenn das nicht der Fall ist, wirkt das Urteil nicht gegen diese Personen.
    Mitbesitzer können sein: Ehepartner, nichteheliche Lebensgemeinschaft, volljährige Kinder, Untermieter; minderjährige Kinder müssen nicht genannt sein.
  • Falls Sie noch keinen Antrag auf Räumungsfrist gestellt haben, können Sie dies bis spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, noch tun, § 721 Absatz 2 Zivilprozessordnung. Der Antrag muss allerdings begründet sein.
    Die Frist kann noch einmal verlängert werden, § 721 Absatz 3 Zivilprozessordnung, jedoch längstens ein Jahr.
  • Informieren Sie Ihre Gemeinde über das Räumungsurteil, da Obdachlosigkeit vermieden werden soll.
    Die Gemeinde kann Sie in die Wohnung wieder einweisen (sehr selten!), Ihnen Ersatzwohnraum zur Verfügung stellen oder Sie in einer Notunterkunft unterbringen.
  • In besonders gelagerten Fällen können Sie Vollstreckungsschutz nach § 765 a Zivilprozessordnung beantragen, spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin, zum Beispiel bei erheblicher Gefahr für Leib und Leben des Schuldners oder der Mitbewohner, bei Suizidgefahr, schwerer Krankheit, der Ersatzwohnraum kann erst in einigen Monaten bezogen werden, vier Wochen vor und sechs Wochen nach der Geburt eines Kindes, wenige Wochen vor dem Schulwechsel der Kinder.

4. Wie ist der Ablauf einer Zwangsräumung?


Der Vermieter beauftragt den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Räumung. Der Gerichtsvollzieher setzt dem Mieter eine letzte Frist von drei Wochen, in der er die Wohnung freiwillig verlassen kann. Ist dies nach Ablauf der Frist nicht erfolgt, so beauftragt der Gerichtsvollzieher eine Spedition oder ein Unternehmen für den Umzug.
Die Möbel des Mieters werden eingelagert, Müll wird entsorgt. Der Mieter hat noch zwei Monate lang die Chance, die Möbel wieder abzuholen. Bei pfändbaren Gegenständen kann er diese herauskaufen, unpfändbare Gegenstände wie beispielsweise ein Fernseher (vergleich Zivilprozessordnung § 811 "Unpfändbare Sachen") können einfach wieder vom Mieter abgeholt werden.
Die Kosten einer Zwangsräumung können mitunter sehr hoch sein und müssen zunächst vom Vermieter vorgestreckt werden. Dies ist dem Vermieter bewusst, da er das Kostenrisiko trägt. Deshalb sind einige Vermieter bereit, mit dem Mieter eine Einigung zu treffen.

Hinweis:
Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können eine individuelle Beratung, beispielsweise durch die Schuldnerberatungsstelle, Mieterschutzverein oder im Mietrechts erfahren Anwalt nicht ersetzen. Sollten Sie sich keinen Anwalt leisten können, können Sie beim Amtsgericht Beratungshilfe oder im gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe beantragen und sich durch einen Anwalt vertreten lassen.
Hilfe, Beratung und Unterstützung können Sie auch bei uns in der Schuldnerberatung erhalten. Bitte vereinbaren Sie einen Termin und weisen auf die Dringlichkeit wegen der Mietschulden hin. Eine Vertretung vor Gericht ist dieser jedoch nicht möglich.

Einkommenspfändung

Bei einer Einkommenspfändung wird der Person, dem Unternehmen oder Träger, das Ihnen Geld auszahlt (sogenannte Drittschuldner) ein Pfändungsbeschluss oder eine Pfändungsverfügung zugestellt.
Man wird Ihnen einige Zeit später die Kopie der Pfändung/Verfügung zustellen.
Die auszahlende Stelle benachrichtigt Sie davon, weil einige Voraussetzungen zu klären sind:

  1. Was ist die Voraussetzung für eine Pfändung?
    Eine Pfändung setzt einen sogenannten „Titel“ voraus. Bei zivilrechtlichen Gläubigern handelt es sich meist um Vollstreckungsbescheide, Urteile oder notarielle Urkunden (mit Vollstreckungsklausel), bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern (zum Beispiel Finanzamt, Kommunen, gesetzliche Krankenkassen) um Pfändungs- und Einziehungsverfügungen.

  2. Was ist pfändbar?
    Pfändbar sind fortlaufende Einkünfte wie zum Beispiel Lohn/Gehalt, Boni, Gratifikationen, Renten, Krankengeld, Arbeitslosengeld I, betriebliche Altersversorgung.
    Es gibt Pfändungsfreibeträge. Setzt sich Ihr Einkommen zum Teil aus speziellen Beträgen zusammen, so sind sie ganz oder teilweise unpfändbar:

    Unpfändbar: Urlaubsgeld, Nachtarbeitszuschläge, Sonntags- und Feiertagszuschläge
    Teilweise unpfändbar: Überstunden zu 50%, Weihnachtsvergütungen bis zur Hälfte des pfändbaren Grundfreibetrages nach § 850 c ZPO.

  3. Wie viel ist pfändbar?
    Das richtet sich nach der Höhe des Nettoeinkommens und der Anzahl der Unterhaltsberechtigten und ist im Gesetz geregelt,§ 850 c Zivilprozessordnung.

    3.1 Sie persönlich haben einen monatlichen Grundfreibetrag von netto 1.409,99 Euro (Stand 1.7.2023; nächste Anpassung voraussichtlich zum 1.7. des jeweiligen Folgejahres). Ist Ihr Einkommen höher, wird Ihnen nicht alles "weggepfändet". Von dem Mehrbetrag erhalten Sie 30% ausbezahlt.

    3.2 Bezahlen Sie anderen Personen Unterhalt (zum Beispiel leiblichen Kindern, Ehe- oder Lebenspartner, Eltern), erhalten Sie einen erhöhten Freibetrag um 530 Euro (Stand 1.7.2023; nächste Anpassung voraussichtlich zum 1.7. des jeweiligen Folgejahres) monatlich für die erste Person und je 290 Euro (Stand 1.7.2023; nächste Anpassung voraussichtlich zum 1.7. des jeweiligen Folgejahres) monatlich für die zweite bis fünfte Person. Auch für diese Personen erhalten Sie einen erhöhten Freibetrag von 20% bzw. 10%, wenn Sie mehr verdienen.

    3.3 Nicht berücksichtigt werden: Stiefkinder, Pflegekinder, Partner in nichtehelicher Gemeinschaft.

    Die aktuelle Pfändungstabelle können Sie hier herunterladen. Diese wird jedes Jahr durch den Gesetzgeber neu bestimmt.

  4. Wer ist verantwortlich für die richtige Berechnung?

    Die auszahlende Stelle (Drittschuldner) ist gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, Auskunft über die pfändungsrelevanten Tatsachen zu geben, also über die Höhe der Einkünfte und die Zahl der Unterhaltsberechtigten.
    Entscheidende Anhaltspunkte sind die Angaben in Ihren Personalakten und auf Ihrer Lohnsteuerkarte.
    Sind diese nicht richtig, können Sie das gegenüber dem Drittschuldner mit den entsprechenden Unterlagen richtig stellen (zum Beispiel Geburts- oder Heiratsurkunde, Unterhaltsurteile oder –verpflichtungen).

    Der Drittschuldner ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich zu überzeugen, ob Sie auch tatsächlich Unterhalt bezahlen. Weiß er aber oder hat er berechtigte Zweifel, ob Sie unterhaltsverpflichtet sind, muss er nachforschen.

  5. Erhalte ich auch einen Freibetrag, wenn ich gar keinen Unterhalt bezahle?

    Nein, Sie müssen Ihrer Unterhaltspflicht schon tatsächlich nachkommen. Es schadet aber nicht, wenn der Freibetrag höher ist als Sie tatsächlich zahlen müssen.

  6. Hat es Einfluss auf den Freibetrag, wenn der Unterhaltsberechtigte Eigeneinkommen hat?

    In diesem Fall kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht (die öffentlichen Gläubiger können dies selbst tun) beantragen, einen Unterhaltsberechtigten ganz oder teilweise nicht zu berücksichtigen, § 850 c Absatz 4 Zivilprozessordnung.
    Das Gericht entscheidet nach „billigem Ermessen“, das heißt es gibt dafür keine verbindliche Regularien. Anhaltspunkte sind der sozialhilferechtliche Bedarf des Unterhaltsberechtigten oder zum Beispiel ein eigener Hausstand.
    Hat Ihr Ehepartner eigenes Einkommen und gewährt er Unterhalt für gemeinsame Kinder, dann kann es sein, dass dadurch der Unterhaltsbedarf des Kindes gemindert ist.
    In der Praxis sieht es dann so aus, dass zum Beispiel nur ein Kind in der Pfändungstabelle berücksichtigt wird.

  7. Ich habe schon einen Gläubiger der pfändet. Bekommt der zweite Gläubiger jetzt auch Geld?

    Hier gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst.
    Der zweite Gläubiger muss solange warten, bis der erste Gläubiger sein Geld bekommen hat.

  8. Ich habe noch zusätzlich einen Nebenjob. Erfasst die Pfändung auch dieses Nebeneinkommen?

    Bei mehreren Arbeitseinkommen muss der Gläubiger beim zuständigen Vollstreckungsgericht (die öffentlichen Gläubiger können dies selbst tun) die Zusammenrechnung der Einkommen beantragen, § 850 e Nummer 2 Zivilprozessordnung. Dies kann schon im Pfändungsantrag enthalten sein. Das Gericht bestimmt dann, aus welchem Einkommen der pfändbare Betrag entnommen wird.

    Die auszahlende Stelle (Drittschuldner) hat dann den pfändbaren Betrag selbst zu errechnen.

    Beziehen Sie Arbeitseinkommen und laufende Leistungen nach einem Sozialgesetzbuch, können diese zusammengerechnet werden aber nur, soweit die laufenden Sozialleistungen pfändbar sind, § 54 Absatz 4 Sozialgesetzbuch I. Beispiel: Einkommen aus Rente und Arbeitseinkommen.

  9. Kann ich den Freibetrag erhöhen lassen? Mein Kind macht in einer anderen Stadt eine Ausbildung und hat einen eigenen Hausstand. Ich selbst habe besonders hohe Fahrtkosten zum Arbeitsplatz.

    Auf Antrag kann das Vollstreckungsgericht, beziehungsweise die Pfändungsstelle der öffentlichen Gläubiger nach § 850 f Zivilprozessordnung den Freibetrag erhöhen, wenn

    9.1 der unpfändbare Freibetrag unter dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt oder

    9.2 besondere Bedürfnisse des Schuldners vorliegen oder

    9.3 die Zahl der Unterhaltsberechtigten höher als fünf Personen ist.

    Beispiele für die Anhebung: Unterbringung in einer Einrichtung, besonderer Bedarf eines Unterhaltsberechtigten (wie hier), hohe Fahrtkosten (wie hier), erheblicher ungedeckter Mehraufwand wegen Krankheit.

    Beispiele für Ablehnung: Unterhalt für ein Stiefkind oder Partner, hohe Stromkosten für den Haushalt, Kosten für Zeitung oder Telefon (für jede bestehende Pfändung ist bei dem jeweiligen Gericht oder Stelle ein solcher Antrag zu stellen.)

  10. Das Jugendamt hat für mein Kind aus einer früheren Beziehung rückständigen Unterhalt vom letzten Jahr gepfändet . Mein Arbeitgeber teilte mir mit, dass ich nur einen Freibetrag von € 950.- habe. Also weniger als der Grundfreibetrag. Ist das rechtens?

    Es handelt sich hier um eine sogenannte privilegierte Pfändung wegen laufender und rückständiger Unterhaltsforderungen,§ 850 d Zivilprozessordnung. Solche Gläubiger können in einen Bereich pfänden, der anderen Gläubigern verschlossen bleibt.

    Dem Schuldner muss jedoch sein notwendiger Lebensbedarf verbleiben, den er für sich und andere, mindestens gleichrangige Unterhaltsberechtigte braucht. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem sozialhilferechtlichen Bedarf.

    Der Schuldner kann dann einen Antrag auf Heraufsetzung des Freibetrags beim Vollstreckungsgericht beziehungsweise der Pfändungsstelle der öffentlichen Gläubiger beantragen.

  11. Mein Arbeitgeber hat keine Pfändung, sondern eine Abtretung erhalten.
    Bei einer Abtretung wird die auszahlende Stelle/der Drittschuldner aufgefordert, die pfändbaren Anteile Ihres Einkommens an den Gläubiger zu zahlen, der die Abtretung vorlegt.

    Meistens handelt es sich um eine sogenannte Lohn- und Gehaltsabtretung zur Absicherung, die sich aber auch auf Ersatzleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld, Renten) erstrecken kann.

    Voraussetzung ist ein rechtsgültiger Abtretungsvertrag :
    Der Schuldner überträgt seine Ansprüche (zum Beispiel auf Lohnzahlung) auf eine andere Person/Träger, der dann die Ansprüche anstelle des Schuldners geltend machen kann.
    Voraussetzungen sind Schriftlichkeit, Name, Anschrift und Unterschrift der Vertragsparteien, genaue Bezeichnung der abgetretenen Forderung und unter welchen Bedingungen diese offen gelegt werden darf.

    Das zu Punkt 2.,3., 4., 5. Gesagte gilt entsprechend.
    Zu Punkt
    6. Eigeneinkommen eines Unterhaltsberechtigten
    8.mehrere Einkommen
    9. erhöhten Freibetrag gilt:

    Da es sich um keine Pfändung, sondern um einen Vertrag handelt, ist nicht das Vollstreckungsgericht zuständig, sondern das Prozessgericht, wenn einer der Vertragsparteien eine Änderung durchsetzen will.
    Zu Punkt 7. (Zusammentreffen von Pfändung und Abtretung) gilt:
    Es kann immer nur einer der Gläubiger das Geld bekommen.
    Ist die Abtretung älter als der Zugang der Pfändung, hat die Abtretung Vorrang.
    Das gilt auch, wenn schon gepfändet worden ist. Der Pfändungsgläubiger muss dem Abtretungsgläubiger dann den Vortritt lassen.
    Ist die Abtretungserklärung erst nach der Pfändung errichtet worden, hat die Pfändung den Vorrang.

Hinweis:

Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können eine individuelle Beratung, beispielsweise durch die Schuldnerberatungsstelle, Gewerkschaft oder im Arbeitsrechts erfahren Anwalt nicht ersetzen. Sollten Sie sich keinen Anwalt leisten können, können Sie beim Amtsgericht Beratungshilfe oder im gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe beantragen und sich bei Bewilligung durch einen Anwalt vertreten lassen.
Hilfe, Beratung und Unterstützung können Sie auch bei uns in der Schuldnerberatung erhalten. Bitte vereinbaren Sie einen Termin und weisen auf die Dringlichkeit wegen der Mietschulden hin. Eine Vertretung vor Gericht ist dieser jedoch nicht möglich.

Energieschulden insbesondere Stromschulden

Wann darf ein Energieversorger den Strom sperren?

Voraussetzungen für eine Sperre durch den Energieversorger sind, dass

  1. der Stromkunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, also die monatlichen Abschläge nicht gezahlt hat oder die Jahresabschlussrechnung nicht beglichen hat
  2. die Rückstände zwei Abschläge, mindestens jedoch 100 Euro betragen
  3. der Energieversorger die Zahlungen angemahnt hat
  4. die Sperre durch diesen vier Wochen vorher angekündigt und
  5. acht Werktage vor der Unterbrechung noch einmal informiert wurde.


Was sollte ich tun, wenn mir eine Stromsperre angedroht wird?


Reagieren Sie so schnell wie möglich! Stellen Sie in jedem Fall sicher, dass die laufenden Abschläge fristgerecht gezahlt werden. Existenzielle Verpflichtungen wie Miete und Energie sollten stets vorrangig vor anderen Zahlungsverpflichtungen beglichen werden!


Nehmen Sie umgehend Kontakt mit der für Sie zuständigen Schuldnerberatungsstelle oder einer Beratungsstelle für Allgemeine Lebensberatung auf, um die weiteren Schritte abzuklären. Sie können sich auch kostenlos an die Verbraucherzentrale Hessen unter dem Motto „ Hessen bekämpft Energiearmut“ wenden:

Telefon: 06142 - 941 90 10

Mo, Di, Do, Fr 9-13 Uhr, Mi 9-17 Uhr

Email: strom@verbraucherzentrale-hessen.de


Wie kann ich eine Energiesperre abwenden?

Wenn Ihr Energieversorger die Sperre androht, muss er Sie auf Folgendes hinweisen:

  1. Er muss den Grund für die Unterbrechung, die voraussichtlichen Kosten der Unterbrechung und des Wiederanschlusses angeben.
  2. Er muss Ihnen eine Vereinbarung anbieten, wie die Rückstände beglichen werden können, § 19 Abs.5 StromGVV, GasGVV. In Form einer
    • zinsfreien Ratenzahlung.
    • Die Rückstände sollen in der Regel in 6 – 18 Monaten abgetragen werden.
    • Kommt die Vereinbarung zustande und halten Sie sich daran, darf die Energie nicht unterbrochen werden.

  3. Möglichkeiten der Abwendung mit Hilfe von

    • örtlichen Hilfsangeboten
    • Vorauszahlungssystemen
    • staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung ( Jobcenter, Sozialhilfeträger) oder auf eine anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung.

Kommt es zu keiner Einigung mit dem Energieversorger, können Sie beim Jobcenter (arbeitsfähige Personen mit Leistungsanspruch) oder Sozialhilfeträger (andere Personen)   einen Antrag auf die (meist darlehensweise) Übernahme der Energieschulden und bei Bedarf auch auf die laufende Hilfe stellen.


Gesetzliche Grundlagen hierfür sind:

  • Jobcenter: § 22 Sozialgesetzbuch II für Hartz IV-Bezieher und
  • Sozialamt: § 36 Sozialgesetzbuch XII für Sozialhilfebezieher, Erwerbstätige (ohne Anspruch auf laufende Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch II), Rentner und andere.


TIP: Der Antrag kann formlos (= mit einem selbst erstellten Schreiben) gestellt werden. Schildern Sie kurz Ihre Situation und beantragen Sie die Übernahme der offenen Stromschulden zur Vermeidung der Sperre und zur Sicherung Ihrer Existenz und der Ihrer Angehörigen. Schreiben Sie auf den Antrag, dass „Für den Fall der Unzuständigkeit, beantrage ich hilfeweise die Übernahme durch andere Sozialleistungsträger und bitte meinen Antrag an die zuständige Stelle zu übersenden.“ beantragt wird.

Bitte lassen Sie sich den Antragseingang bestätigen, so dass Sie diesen auch dem Energieversorger gegenüber nachweisen können.
(Beachten Sie, dass die Antragsbearbeitung teilweise mehre Wochen in Anspruch nimmt. Sollte der Energieversorger die Sperrankündigung bis zu dieser Entscheidung nicht aussetzen wollen, sollte Hilfe eines Anwalts erwogen werden. Dieser sollte versuchen, gegebenenfalls gerichtlich die Sperre solange verschieben zu lassen, bis der Sozialleistungsträger entschieden hat und diesbezüglich auf eine rasche Entscheidung drängen. Weitere Infos im nächsten Punkt.


Wie kann ich mich gegen eine Stromsperre wehren?

Weisen Sie Ihren Energieversorger, wenn dies zutrifft, darauf hin, dass eine Sperre in Ihrem Fall unverhältnismäßig ist.
Dies könnte beispielsweise sein, weil Sie die Abschlagszahlungen in der Vergangenheit immer regelmäßig bezahlt haben und nun zum ersten Mal im Verzug sind oder weil die Stromsperre schwerwiegende Folgen für Sie und die Personen (insbesondere Kinder, kranke oder pflegebedürftige Angehörige), die bei Ihnen wohnen, hätte.

Gibt es Härtefälle?

Der Strom darf nicht abgestellt werden, wenn beispielsweise die Versorgung von Kleinkindern oder pflegebedürftigen Menschen gefährdet wäre oder gesundheitliche Schäden drohen, weil die Heizung dann nicht mehr funktioniert, s. § 19 Abs. 2 StromGVV, GasGVV. Meist ist eine gerichtliche Entscheidung hierfür notwendig.

Aber auch in "Härtefällen" müssen Sie nachweisen, dass Sie künftig in der Lage sind, Ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Der bloße Hinweis auf Härten, wie kleine Kinder im Haushalt reicht beispielsweise nicht aus, eine Sperre zu verhindern.
Sollten Sie auf Grund einer finanziellen Notlage, wie Arbeitsplatzverlust, Trennung, Krankheit und andere, die Zahlungen selbst nicht sicherstellen können, beantragen Sie umgehend die nötigen Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II, Arbeitslosengeld I, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und andere und weisen Sie mit Antragseingangsbestätigung dem Stromversorger Ihren Antrag nach.
Bleibt der Energieversorger auch nach Schilderung Ihrer Situation und Nachweis Ihrer Bemühungen die Zahlungen sicherzustellen, bei der Androhung einer Stromsperre, können Sie dagegen klagen oder in eiligen Fällen mit einem einstweiligen Rechtschutz dagegen vorgehen.
Zuständig ist auf Ihren Antrag gegen die Stromunterbrechung das örtliche Amtsgericht (bitte beantragen Sie dessen Zuständigkeit vorsorglich). Bei möglicherweise notwendigen Eilanträgen gegen Sozialleistungsträger, ist das Sozialgericht in Frankfurt zuständig.

Weitere Informationen finden Sie auch beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Hinweis:
Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können eine individuelle Beratung, beispielsweise durch die Schuldnerberatungsstelle oder Sozialrechts erfahren Anwalt nicht ersetzen. Sollten Sie sich keinen Anwalt leisten können, können Sie beim Amtsgericht Beratungshilfe oder im gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe beantragen und sich durch einen Anwalt vertreten lassen.


Hilfe, Beratung für Ihre individuelle Situation und entsprechende Unterstützung können Sie auch bei uns in der Schuldnerberatung erhalten. Bitte vereinbaren Sie einen Termin und weisen auf die Dringlichkeit wegen der Energieschulden hin. Eine Vertretung vor Gericht ist dieser jedoch nicht möglich.



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